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Nach dem Hoch die kalte Dusche? Konjunktur schwächt sich ab. IHK sieht härtere Zeiten.

Villingen-Schwenningen - Wirkt sich die konjunkturelle Abkühlung auch auf das Oberzentrum aus?  Die starke kalte Dusche ist noch ausgeblieben.  Im Gegensatz zu anderen Landkreisen hält sich die Zahl der Kurzarbeiter in Grenzen. Doch die IHK zeichnet triste Prognosen.

Wenn Klaus Helm zur Situation im Oberzentrum eine Einschätzung geben soll, kann er dies recht entspannt skizzieren. Sicher, so der Pressesprecher in der Agentur für Arbeit aus VS, gebe es Anfragen von Firmen zum Thema Kurzarbeit und der Wunsch nach Beratungsterminen. Doch noch scheint der Schwarzwald-Baar-Kreis nicht in den großen Kurzarbeit-Sog hineingeraten zu sein, entnimmt er den Zahlen, Stichtag Mitte August. Von 80 Betrieben der Region, für die die Agentur zuständig ist, stammen kaum zehn Prozent aus dem Quellenlandkreis. Der Nachbarkreis Rottweil sei am stärksten betroffen. Derzeit sind 1850 Beschäftigte vom Korrektiv Kurzarbeit betroffen, aus allen möglichen Branchen des verarbeitenden Gewerbes, vom Orthopädie-Schuhmachermeister über die Kunststoffbranche bis hin zu den Betrieben, die stark unter der Abschwächung leiden: Automobilzulieferer und Maschinenbau. Betrachtet Helm die aktuellen Gesamtzahlen, sieht er noch keinen Grund zur Sorge: vor allem mit Blick auf das Jahr 2008, als der Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers weltweit ein konjunkturelles Erdbeben auslöste Damals arbeiteten 13 000 Arbeitnehmer verkürzt in der Region.

Phase mit offenem Ende

Wie wirkt sich die schwächelnde Konjunktur auf Unternehmen aus der Doppelstadt aus? Eine der großen Firmen, die aufgrund von rückläufigen Auftragseingängen Kurzarbeit angemeldet haben, sind die Wieland Werke. In den Lantwatten ist die Mehrzahl der insgesamt 260 Mitarbeiter betroffen. Das Unternehmen mit Stammsitz in Ulm ist führend in der Fertigung von Halbfabrikaten aus Kupfer und Kupferlegierungen. Für die Belegschaft bedeutet dies, dass sie ab September 20 Prozent weniger arbeiten. Zunächst ist die Kurzarbeit auf ein halbes Jahr begrenzt. Prognosen möchte Konzern-Pressesprecherin Christine Schossig nicht anstellen. Nach einer Überhitzung der Wirtschaft schließe sich eine Phase der Abkühlung an, mit "offenem Ende".

Auftragsrückgänge in Höhe von etwa zehn Prozent verzeichnet auch das Unternehmen AGV im Goldenbühl, doch noch kommt die Geschäftsführung um Kurzarbeit herum. Derzeit, so Christian Ruf, kaufmännischer Leiter, "behelfen wir uns damit, dass wir mit einer halben Schicht weniger fahren" und eine Nachtschicht an einer der großen Anlagen in einem Teilbetrieb derzeit ausfalle. Die Aluminium Gießerei ist zwar in der sensiblen Zulieferer-Sparte angesiedelt, aber hauptsächlich im noch stabilen Nutzfahrzeug-Sektor Dennoch: Der kaufmännische Leiter verhehlt seine Sorgen nicht: "Wir machen uns Gedanken, wohin die Reise geht." Wie sieht es bei einem der großen Betriebe weiter im Norden der Stadt aus, bei der Conti AG, am Villinger Standort ist das Headquarter für den Geschäftsbereich Commercial Vehicles/Aftermarket angesiedelt: "Kurzarbeit", so ein Unternehmenssprecher, "ist aktuell nicht vorgesehen."

Noch stabile Zahlen

Ein Umstand, der auch dem geschuldet sei, dass das Unternehmen sich stark dem Nutzfahrzeugmarkt verschrieben hat. Stabil sei auch die Zahl der Beschäftigten, mit weiterhin 1300 Mitarbeitern. Was die Zukunft für den Konzern mit Sitz in Hannover bringt, ist noch offen. Im Herbst sollen Gespräche stattfinden. Wie sicher ist dabei der Standort VS: "Die Business Unit in Villingen spielt eine wichtige Rolle im Unternehmen", beschwichtigt Conti.

Auch bei Helios in Schwenningen winkt man ab: "Kurzarbeit? Da sind wir weit entfernt davon."

Die Prognosen für die konjunkturelle Reise sehen aus dem Blickwinkel der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg recht düster aus. "Die Konjunktur hat sich merklich abgekühlt", kommentiert Geschäftsbereichsleiter Philipp Hilsenbek von der IHK die wirtschaftliche Entwicklung. "Nach dem guten Jahreseinstieg wird das konjunkturelle Umfeld für die Unternehmen härter." Eine Wende sei derzeit nicht in Sicht. "Unsere Betriebe berichten von einem deutlich trüberen Ausblick.

Die Erwartungen an das Auslandsgeschäft sind deutlich rückläufig." Die Auftragsbücher seien nicht mehr so gut gefüllt wie noch zu Jahresbeginn. Die Exporterwartungen hätten sich angesichts der nicht geringer gewordenen Außenhandelsrisiken weiter verschlechtert. "Neben dem ungeordneten Brexit und dem verschärften Handelskonflikt zwischen den USA und China hängen auch US-Sanktionen sowie weitere Handelsrestriktionen gegenüber der EU wie ein Damoklesschwert auch über unserer Wirtschaft".